Das Re-Engineering der Customer Journeys
Es ist die Gretchenfrage im Performance- und Affiliate-Marketing: Welche Station in der Customer Journey hat welchen Anteil an der erzielten Conversion? Verschiedene Attributionsmodelle versuchen, eine valide Antwort darauf zu geben – mit mäßigem Erfolg. Denn eins ist klar: Bei Attribution handelt es sich weitestgehend um Modellierung. Um einen Idealtypus. Grund genug, alte Gewohnheiten abzulegen und den Full Funnel in den Fokus zu rücken.
Attribution im Online-Marketing
Attributionsmodelle haben das Ziel, die Wege der Kunden (Customer Journeys) bis zur endgültigen Transaktion zu rekonstruieren. Damit dienen die verschiedenen Modelle als Grundlage für die Messung und die Bewertung relevanter Performance KPIs. Auch für die Vergütung der Publisher sind sie essenziell. Dabei galt im Performance- und Affiliate-Marketing lange Zeit die Devise: Last Cookie Wins. Der letzte gemessene Berührungspunkt vor der Transaktion erhält die volle Verkaufsprovision. The Winner Takes it all. Das ist mess- und nachvollziehbar – bildet aber die vertriebliche Realität nicht ansatzweise ab.
Last come, first serve
Die Branche ist sich einig: Last Cookie Wins ist nicht mehr zeitgemäß. Denn hinter einer Transaktion steckt ein maximal komplexes Konstrukt an Wenns und Abers. Ein User hat zahlreiche Touchpoints mit einem Shop, bevor er wirklich eine Kaufentscheidung trifft: Influencer schaffen Brand Awareness. Content Publisher bedienen informationalen Search-Intent.
Der Preisnachlass kurz vor der Conversion hat dann das Potenzial, das Zünglein an der Wage zu sein. Allein verantwortlich für den Abschluss ist er wahrscheinlich nicht – erhält in der Last Cookie Wins – Welt aber die volle Verkaufsprovision. Diese nicht-verursachungsgerechte Verprovisionierung steht seit Langem in der Kritik.
Full Funnel trifft Attribution
Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist der Abschied von der Single Touch Attribution. Stattdessen geht die Multi Touch Attribution in ihrer Modellierung dazu über, verschiedene Touchpoints in die Vergütung miteinzubeziehen. Ohne Frage: Das ist technisch aufwendiger, aber deutlich näher am echten Leben. Genau an dieser Stelle treffen der Full Funnel Ansatz und das Thema Attribution aufeinander – und lassen sich gewinnbringend verbinden.
Bei der Attribution ist es notwendig, sich vom reinen Sale wegzubewegen und nicht nur den Abschluss im Blick zu behalten, sondern die gesamte Kundenreise:
- Welche Art von Traffic schafft zunächst (Brand) Awareness?
- Wann verwandelt sich erstes Interesse in ein „Haben wollen“-Gefühl?
- Was löst den Kauf schlussendlich aus?
Es ist ein No-Brainer: Was den User wirklich überzeugt und konvertieren lässt, ist ein Konglomerat an vielfältigen Eindrücken. Diese müssen allerdings zur richtigen Zeit am richtigen Ort stattfinden.
Incentives für den Kauf von Körpergewichtswaagen sind fehl am Platz, wenn sich der User gerade erst mit dem Thema Abnehmen auseinandersetzt. Umgekehrt muss es blitzschnell gehen, wenn der Nutzer sich entschieden hat, einen Kauf zu tätigen.
Track dich glücklich
Qualitative Untersuchungen wie Interviews, Customer Journey Mapping und Co. sind in Sachen Full Funnel das eine. Das andere ist die Arbeit mit quantitativ aufbereiteten Daten. Dafür braucht es datenschutzkonformes und umfassendes Tracking – entlang der gesamten Customer Journey. In Zeiten, in denen die Abschaffung von Third Party Cookies immer heftiger diskutiert wird, erweist sich das als komplexes Unterfangen.
Aber nichts ist unmöglich. Es gibt sinnvolle Tracking-Möglichkeiten zur eigenen Datenerhebung. Sie helfen nicht nur, die einzelnen Stationen der Customer Journey besser nachvollziehen zu können, sondern reduzieren auch die Abhängigkeit von den Big Playern im GAFA-Monopol. Hybride Tracking-Lösungen setzen auf eine holistische Kombination aus browser- und serverseitigem Tracking, was dem Cookie- und Datenschwund spürbar entgegenwirkt.
Ein Umdenken setzt ein: Full Funnel meets Attribution
Was heißt das nun konkret für das Affiliate- und Performance-Marketing? Je umfassender sich die Customer Journey tracken lässt, desto mess- und nachvollziehbarer sind die Erfolge der einzelnen Partner. Klicks, Leads und Sales lassen sich den Publishern verursachungsgerecht zuordnen – und so auch entlohnen.
Gleichzeitig setzt durch den Full Funnel Ansatz ein Perspektivwechsel ein: Im Fokus des Affiliate- und Performance-Marketings der Zukunft steht nicht mehr ausschließlich der Lower Funnel mit seinem letzten Cookie. Die Kundenreise als Ganzes gewinnt an Relevanz. Und wer Interessenten ab dem Erstkontakt über den Kauf bis hin zum Re-Targeting begleitet, der erweist sich nicht nur als verlässlicher Partner, sondern lernt auch seine User besser kennen. Das eröffnet neue Reichweiten.